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Termin vereinbaren im Einzelhandel – Corona Lockerungen

Bei den aktuellen, total komplexen Corona-Lockerungen muss man sich fragen, ob da nicht vielleicht doch ein bisschen zu lange getagt wurde. Ein tolles Ergebnis dieser letzten Tagung sind die großzügigen Zugeständnisse gegenüber dem Einzelhandel.

Unsere gutmütigen Politiker gestatten die Öffnung des Einzelhandels und somit eine Lockerung der bis dahin bestehenden Eindämmungsverordnung. Ich sehe die vielen Einzelhändler vor meinem geistigen Auge, wie sie Freudensprünge machen und in gemeinschaftliches Jubeln geraten, als diese Nachrichten verkündet werden. Denn Zuckerbrot gibt es nur mit Peitsche. Und so haben sich die Politiker in nächtlicher Umnebelung in der deutsch, deutscher, am deutschesten Bürokratie übertroffen. Unter Neudeutsch liest man jetzt öfters „Click and Meet“, was modern und zeitgemäß klingt und so viel bedeutet wie:

  • Maskenpflicht im Geschäft (ist okay, kennen wir ja schon; Nutzen nachvollziehbar)
  • Terminvereinbarung zwischen Kunden und Einzelhandel (ganz tolle Nummer)
  • Einkaufszeit begrenzen entsprechend Vereinbarung bei Terminbuchung (immer eine gute Geschichte, wie man den Kunden rausgeschmissen hat, während er/sie gerade das 10. Oberteil in der Umkleide anprobiert hat.)
  • Pro angefangene 40 Quadratmeter Verkaufsfläche darf ein Kunde einkaufen (hier braucht der Einzelhändler kein Finanzmathematiker zu sein, um zu erkennen, was das für Umsatz und Marge bedeutet. Es ist hier eine Korrelation zwischen Kundendurchsatz und Umsatz zu vermuten)
  • Kunden müssen im Geschäft die Kontaktdaten zur Nachverfolgung von Infektionsketten hinterlegen. (Das hebt die Einkaufsstimmung beim Kunden und verursacht beim Einzelhändler kaum Mehrarbeit)

Die Frage ist, wem will man hier einen Gefallen machen? Den Leuten, den zu Hause die Decke auf den Kopf fällt und die mit den Hufen scharen, weil sie wieder mal raus shoppen wollen oder will man etwa dem Einzelhandel etwas Gutes tun? Gehört das zur Salami-Taktik, um die Leute ruhig zu halten, bevor sich etwas auf der Straße in Form von radikalen Demonstrationen entlädt? Ja der paternalistische Staat betreibt derzeit mehr Pädagogik also Politik. „Wenn du schön lieb und artig bist, dann fahren wir auch im März mit dir in den Zoo! …oder Baumarkt…!“.

Ein paar Überlegungen

Gibt es einen wissenschaftlichen, statistischen Beweis, dass der Einzelhandel mit denselben Maßnahmen, die für Supermärkte gelten, die Infektionszahlen hochtreiben?

Warum durften Supermärkte neben Artikeln des täglichen Bedarfs auch weiterhin Artikel des nicht alltäglichen Bedarfs verkaufen, die man klassischer Weise auch im Einzelhandel erwerben kann?

Gibt es einen erkennbaren Nutzen der Kontaktnachverfolgung, die bereits vor dem letzten Lockdown exzessiv betrieben wurde? Viele Zettel wurden unter Missachtung von jeglichem Datenschutz, wider besseres Wissen, ausgefüllt, zum Teil mit bewusst falschen Angaben.

Begrenzung Verkaufsfläche

Die Begrenzung der Kundenanzahl auf die Verkaufsfläche kennen wir auch schon von vor dem letzten Lockdown. Das musste aber nicht über Terminvereinbarungen geregelt werden, sondern wurde unter anderem ganz pragmaisch über die Anzahl verfügbarer Einkaufskörbe geregelt.

Und was heißt dann „pro angefangene 40m² nur ein Kunde“? Als Theoretiker würde ich meine Ladenfläche rastern in 40m² Quadrate und dann darf immer nur ein Kunde in einem Raster-Segment sein. Mit Abstand hat das aber nix zu tun, wenn sich zwei Kunden an der Grenzlinie bewegen.

Die Terminvereinbarung

Eine kluge Idee. Eine Terminvereinbarung ist nur so gut wie das Termin-Management dahinter. Viele haben schon die Erfahrung bei Fachärzten gemacht, trotzt Termin 2-3 Stunden zu warten, bevor man aufgerufen wird.

Und wer bitte schön plant seine Shopping-Tour durch, indem man bei 5 oder mehr Geschäften aufeinanderfolgende Termine macht. Und zum Schluss möchte man doch das Kleid aus dem ersten Geschäft. Den meisten dürfte das alles zu umständlich sein. Und wer mit dem Internet vertraut ist, bestellt sich einfach 20 Hosen in 5 Größen und 4 Farben und schickt 19 Hosen zurück, bevor man von der Hosenbude um die Ecke herausfindet, wie man einen Termin vereinbaren kann.

Und auch hier wird der Einzelhandel allein gelassen, oder besser ausgedrückt, die Freiheit gelassen, wie ein Termin zu vereinbaren ist. Alles ist möglich: E-Mail, Telefon, Online-Formular, Nummer ziehen, direkte Absprache vor der Eingangstür, Brieftaube…!

Der unsolidarische Kunde vereinbart Termine für eine Stunde und länger und kauft nichts. Und der solidarische kauft aus Schuldgefühl und Verpflichtung und hat dann Dinge zu Hause rumliegen, die nicht gebraucht werden.

Und der Rausschmiss von der Verkäuferin, wenn die Zeit abgelaufen ist? Na, ob die Kunden alle einen neuen Termin vereinbaren?

Fazit

Es gibt Maßnahmen, die sind mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar, wie die Maskenpflicht und Abstandsregelung. Bei der Terminpflicht für den Einzelhandel fällt es schon schwerer die positiven Effekte auf die Infektionszahlen zu erkennen. Aber darum scheint es gar nicht zu gehen. Tatsächlich soll es ein kleiner Hoffnungsschimmer für den Einzelhandel sein, das Lager mit den Winterklamotten noch wenigstens teilweise monetär umzusetzen, bevor die Badehosen für Mallorca ins Regal kommen, falls es auf Malle noch ein Hotel gibt. Na hoffentlich verstehen die Kunden das und kaufen noch ein paar Winterstiefel im März.

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